Das Vogelgrab

Ein Kriminalstück mit Charakter

Der Mensch in seinem normalen Umfeld ist schwer zu erfassen. Alltägliches läuft mehr oder minder mechanisch ab, und selten ist erkennbar, ob das Benehmen einer Person nur eine Sache der Gewohnheit ist oder ein Ausdruck des Charakters. Auf aussergewöhnliche Ereignisse haben wir aber kaum eine erprobte Reaktion parat. Alles ist neu, unsere Erfahrung von geringem Wert und zum Überlegen oft zu wenig Zeit. Bei solchen Ereignissen wird uns der Schutzschild der Konventionen entrissen, und unser Handeln wird eine Frage des Charakters. Kriminalfälle sind besonders faszinierend, weil sie wie kaum ein anderes Ereignis auch die dunkeln Seiten der Menschen zu Tage fördern. Wesenszüge, die uns zum Widerspruch herausfordern, gerade weil wir sie auch an uns selbst erahnen. Sind unsere Taten Ausdruck unserer Moral oder Opfer des Charakters? Und so sind Kriminalstücke immer wieder spannend. Denn obschon das Muster ähnlich sein mag, sind die Figuren und ihre Handlungsweisen neu und ungesehen. Die Besucher waren dazu eingeladen, in dieser Uraufführung des MTM auf Entdeckungsreise zu gehen - nach neuen Spielarten des Charakters.


Samstag Morgen, und Tante Klara ist nirgends zu finden. Das ausgerechnet heute, wo Gäste erwartet werden! Ihre Nichte Lydia und ihr Neffe Rudolf sind ratlos. Als die Gäste, Sonja und ihr Mann Alfred eintreffen, macht sich Misstrauen breit: Hat etwa Rudolf seine Träumereien wahr gemacht und das Ableben von Tante Klara beschleunigt? Noch während Rudolf alles abstreitet, ruft Alfred heimlich die Polizei. Angeblich, um den "Anschein der besorgten Familie" zu wahren. Na bravo. Wachmeister Zurbach macht seinen Job gründlich. Beharrlich untersucht er die Umstände des Verschwindens und trifft immer wieder auf Ungereimtheiten. Warum sollte eine ältere Dame ihr Haus mitten in der Nacht verlassen? Ohne eine Nachricht, und ohne Geld? Rudolf hat dafür keine passenden Antworten, sondern nur unpassende Scherze bereit. Humor ist aber keine Stärke von Wachmeister Zurbach, und so nimmt er die Alibis der beteiligten Personen unter die Lupe. Eine Lücke in Rudolfs Alibi lässt diesen vorübergehend in Polizeigewahrsam verschwinden. Mit dem Abgang der Polizei kehrt aber noch keine Ruhe in das Haus ein. Sonja und Alfred geraten heftig aneinander, angestaute Emotionen brechen sich gewaltsam Bahn. Ambulanz. Schon wieder die Polizei. Abtransport ins Spital, Verhaftung. Lydia bleibt alleine zurück, scheint über ihre plötzliche Einsamkeit nicht traurig zu sein. Sie nützt die Ruhe und verarbeitet die Ereignisse in einem Gemälde. Doch was ist nun mit Tante Klara? Ist sie noch mehr als nur eine Erinnerung? Der nächste Tag bringt die Auflösung, aber nicht die Erlösung. Denn jeden Tag stirbt ein Vogel, und selbst das schönste Grab macht nicht mehr aus ihm, als er ist - ein Vogel.

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